„Wäre er echt…“

DSC01420Jeder fürchtet sich davor: Vor einem harmlosen Telefonklingeln, welches aber innerhalb weniger Sekunden alles zusammenbrechen lässt. Man sieht es nicht kommen. Es haut dich aus den Socken und die Welt scheint, als wäre sie stehengeblieben. Oder so, als ob alles in Zeitlupe ablaufen würde. Das ganze Drumherum wird ausgeblendet. Es gibt nur noch dich, das Telefon und die zittrige Stimme am anderen Ende, die dir folgendes vermittelt: „Das Leben, das du kanntest, das Leben war vorbei.“

Und da sitzt man nun. Findet keine Worte für das, was einem gerade gesagt wird. Die Tränen schießen hervor und alles bricht ein. Man steht neben sich, will es nicht wahrhaben und denkt, dass das alles ein schlechter Scherz sein muss. Aber das ist es nicht, wird einem im nächsten Moment klar.

Das Herz setzt aus. Man ringt nach Luft. Und plötzlich siehst du das Gesicht vor dir, welches du nie wieder sehen wirst- lebendig. Erinnerungen kommen hoch. Und der Gedanke: Ich habe ihn doch erst noch vor vier Tagen gesehen. Das kann es jetzt doch noch nicht gewesen sein!

Diese unendliche Traurigkeit ergießt sich im ganzen Körper. Man fängt an zu zittern. Und langsam beginnt der Kopf zu verstehen, dass es das jetzt tatsächlich war. Die 25 Jahre, die ganzen Tage, die man sich täglich sah. Die gemeinsame Zeit verging wie im Flug.

Wenn man mal ehrlich ist: Man macht sich zu wenig bewusst, wie schnell ein Leben enden kann. Die Menschen, die man Freunde und Familie nennt, sind doch immer da. Bis dann der Tag kommt. Der eine Anruf. Und dann beginnt es an zu rattern: „Hätte ich die Zeit mit dieser Person nur sinnvoller genutzt.“ Oder „Hätten wir uns nur nicht sooft gestritten und wertvolle Minuten/Stunden/Tage damit vergeudet. Was hätte man stattdessen alles machen können!“

Was würde man dafür tun, um die Uhr noch einmal nach hinten zu drehen? Um gewisse Erlebnisse erneut beizuwohnen. Um die Stimme wieder im Ohr zu haben. Eine Unterhaltung zu führen. Oder einfach nur neben dem geliebten Menschen zu sitzen. Schweigend. Oder nette Worte austauschend.

Es ist schwer zu realisieren, dass ein Mensch nicht mehr da ist. Von heute auf morgen. Da ist dieses Loch, was für immer bestehen wird.

Aber eine Sache ist gewiss: Die Person wird auch weiterhin den Platz im Herzen behalten. Dort, wo noch alles gut ist. Stellt euch doch nur mal vor, dass jeder Mensch, den ihr liebt und vielleicht nicht mehr am Leben ist, dort ein kleines Zimmer zur Verfügung hat. Schön eingerichtet. Ein Leben am wärmsten Ort. Es fehlt an nichts. Und ihr könntet wirklich zu jeder Tageszeit einen Rundgang durch’s Herz machen. Ihr könntet wieder lange Gespräche führen. Zusammen lachen, weinen oder schweigen. Unternehmungen machen. Und das zu jeder Stunde. Eine wunderbare Vorstellung, oder?

Man sollte sich, meiner Meinung nach, viel öfter ins Gedächtnis rufen, dass jeder Mensch nur eine gewisse Zeit zur Verfügung hat. Und diese sollte man auch nutzen. Ob man sich eben mal für einen Tee, Kino oder einen gemütlichen Gammelabend verabredet. Oder sich öfter mal erkundigt, ob alles in Ordnung ist. Sich einfach regelmäßig melden.

Denn: Irgendwann wird es zu spät sein.

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