Manchmal ist es mehr als schön, wenn man sehr spontan seine Tasche packt, in den Zug steigt, um ein paar Stunden später irgendeine Band auf einer Bühne in einer fremden oder bekannten Stadt zu sehen. Manchmal kann man den Menschen danken, die einen kurzfristig versetzt haben, denn sonst könnte man ja teilweise die Spontanität vergessen, die man an solchen Tagen braucht. ‚Abgesagt? Pah! Na gut, ich kann auch anders meine Zeit verbringen! Mein liebster Schreihhals Tigeryouth ist doch gerade auf Tour. Ich schau mal nach wo er heute spielt…ach, in Bremen? Mit East Cameron Folkcore? Geile Sache! Wo ist noch gleich meine Tasche?‘
Kennt ihr das? Die Spontanität raubt euch teilweise die Nerven, weil man innerhalb von 1 ½ Stunden an alles denken muss: Wechselklamotten, Tickets, Geld, Bahncard (GANZ WICHTIG! & immer schön daran denken die Punkte zu sammeln, sonst wird ein gewisser G.Ott ungemütlich!) undundund. Schnell noch grobe Ordnung in der Bude schaffen, damit man mit einem kleineren schlechten Gewissen auf Reise gehen kann. Funktioniert meistens ganz gut.
Außerdem hatte ich ziemlichen Bock die Songs von Tigeryouth wieder mal zu hören, zu spüren, aufzusaugen. Ja, dieser junge Mann war allein der Grund dafür, dass ich nach Bremen fuhr.
So saß ich im Zug, das letzte Mal war ich vor zwei Monaten unterwegs und ich merkte, wie ich das lange Sitzen nicht mehr gewohnt war. Kennt ihr das, wenn ihr auch irgendwann hibbelig werdet, weil es einfach nicht mehr geht? Bis man sich dazu entscheidet, den restlichen Abschnitt irgendwo im Flur rumzustehen? Noch ist man jung, somit also nicht unbedingt auf einen Sitzplatz angewiesen. Sollen sich die restlichen ‚Passagiere‘ um einen prügeln, ich habe das –noch- nicht nötig.
Angekommen in Bremen. Ab ins Hotel direkt auf der anderen Straßenseite. Luxus! 6. Stock, Zimmer mit kleinem Balkon. Noch mehr Luxus! Eigentlich wollte ich mir was zu Essen besorgen, weil mein Magen bisher nichts abbekam, entschied mich aber dagegen und schaute mir die Simpsons an, während ich im Bett gammelte. Viel viel mehr Luxus!
Dann irgendwann richtete ich mich auf und machte mich rüber zum Tower, nur wenige Gehminuten entfernt. Erwähnte ich bereits das Wort Luxus irgendwo?
Es war noch etwas Zeit, sodass ich etwas draußen rumlungerte, bis plötzlich eine Person vor mir stand. Eine Person, die ich bestimmt vor einem Jahr zuletzt sah. Eine Person, die mir wirklich sehr ans Herz gewachsen ist. Eine Person, in dessen Arme man sich stets Willkommen und sicher fühlt. Eine Person, dessen Musik mir unheimlich viel bedeutet. Eine Person, die sehr oft das Wort ‚Liebe!‘ benutzt und es einfach auch so meint. Eine ehrliche Haut. Eine Peron, die man gerne ständig oder zumindest in regelmäßigen Abständen um sich rum hätte. Die Rede ist von Tigeryouth, der dich sofort in die Arme schließt, fest zudrückt, nicht mehr loslässt und man für einen Moment alles vergisst. Gott, wie ich diesen Typen liebe!
Danach rein und gewartet, bis sich der Herr auf die Bühne begeben hat. Was im Tower nicht sooo schön ist: Die Theke befindet sich direkt links von der Bühne, sodass es mehr als schwierig ist, gerade bei einer 1-Mann-Besetzung, dort die nötige Ruhe reinzubekommen. Irgendwo wurde immer genuschelt.
Tigeryouth hat nicht nur Hummeln im Hintern, sondern wahrscheinlich einen ganzen Fledermausschwarm. Er schlägt mal hart und herzlich auf seine Gitarre ein, ein anderes Mal scheint er die Saiten fast zu streicheln. Dieses Wechselbad zwischen aggressiven Gesang, Melancholie und ganz viel Liebe bricht mir immer wieder auf’s Neue das Herz. Wunderbarer Auftritt, auch wenn nicht alle im Publikum ‚dabei‘ waren. Mich hat es dafür fast zu Tränen gerührt. Vielen Dank dafür!
‚…und diese Lieder sind wie Pflaster…‘
Danach warten auf ECF. Ich muss sagen, dass ich diese XXL-Band mal beim Reeperbahnfestival sah und diese mich nicht ganz so überzeugen konnte. Die ersten zwei Songs fand ich gut, danach wurde es mir einfach zuviel, was dort auf der Bühne passierte und so stellte sich recht schnell eine gewisse Überforderung ein.
Aber wie sagt man so schön: Jeder hat eine zweite Chance verdient und so auch East Cameron Folkcore!
Die Jungs und Mädels kamen auf die Bühne und man muss wirklich sagen, dass sie uns Song um Song regelrecht um die Ohren bretterten und somit nur wenig Zeit war, mal still zu stehen und Luft zu holen. Sie sprühten nur so vor guter Laune und die Spielfreude stand wirklich jedem Einzelnen ins Gesicht geschrieben. Und das finde ich wirklich mehr als wichtig: Ich bin der Meinung, dass man einer Band ansehen sollte, dass sie BOCK hat. Dass sie das gerade lieben und schätzen, was sie auf der Bühne fabrizieren. Denn das springt am Ende auf das vorhandene Publikum über und macht es zu einem unvergessenen Abend.
Mich haben die Damen und Herren zu 100% überzeugen können, endlich! Ein regelrechter Abriss, der am gestrigen Abend stattfand und ich denke, dass das auch in jeder anderen Stadt so war und man nur in glückliche Gesichter schauen konnte. Ob in der ersten oder in der letzten Reihe: Es gab zuckende Körper, Fäuste in Richtung Himmel gereckt und mitsingende Fans.
Ein mehr als gelungener Abend & ich werde noch der Person danken, durch welcher ich wegen einer spontanen Reise erst in diesen Genuss kam.
Vielen Dank an Herzchen Tigeryouth und East Cameron Folkcore für einen besonderen Abend! Gerne wieder!
Und mal am Rande erwähnt: Ich habe das ‚Touren‘ mehr als nur vermisst. Liebe!