‚Ich hab ’nen Nazi am Geruch erkannt.‚ hallt es aus sämtlichen Kehlen. Um in der Menge nicht aufzufallen, mache ich einfach mit. Brülle laut und schief mit. Viele Experimente in der Vergangenheit haben bereits gezeigt, dass es nicht immer leicht ist, jemanden in eine Sekte einzuschleusen. Eine Person, die die Abgründe aufdeckt. Aufklärt. Und somit die restliche Menschheit versucht zu warnen. Nun, diese ‚Professoren‚ habe ich nie beneidet, als ich einen Bericht nach dem anderen sah und diese ständig in brenzlige Situationen rutschten. Ständig mit der Angst im Hinterkopf, durch irgendeine Aneinanderreihung unglücklicher Zufälle aufzufliegen. Tja, nun stehe auch ich an dieser Stelle…
Gezwungenermaßen musste ich mich dazu bereit erklären, diesen Schritt zu wagen. Für einen Moment meine wahre Identität verbergen, um in eine neue Rolle zu schlüpfen. Denn mal unter uns: Scientology kann einpacken- Adam Angst ist der neue Stern am Sektenhimmel, wie ich schon nach einem kurzen Augenblick feststellen durfte.
Aber wo befinde ich mich gerade? Nun, in einem mittelgroßen Raum, direkt an einer belebten Straße gelegen. Unscheinbar von draußen, so schöpft niemand verdacht. Die Passanten strömen vorbei, der Krach vom Inneren wird vernommen, aber man kennt das ja: Die meisten haben keine Zeit und hetzen regelrecht durch ihr Leben und verpassen somit die kleinen, aber umso bedeutenderen Momente.
Ich bin umgeben von vielen Menschen. Ob tätowiert, gepierct, Hipster, Teenie, Altrocker, Punk oder Normalo- es scheint so, als ob wirklich JEDER dieser geheimnisvollen Sekte zum Opfer fallen kann. Verblüffend. Ich fühle mich permanent beobachtet. Als ob alle anderen mich durchschauen können und wissen, dass ich nicht dazugehöre. Der Angstschweiß steigt immer mehr auf, scheinbar unaufhaltsam. Aber falls ich mich jemanden erklären müsste, kann ich alles auf die ungeheure Hitze in diesem Raum schieben. Jaja, ich weiß: Ob man mir das auch in dem Moment glaubt, steht auf einem anderen Blatt, aber das Risiko muss ich einfach in Kauf nehmen.
Flieh von hier. Flieh von hier! FLIEH VON HIER!
Danke, Kopf- aber ich werde das jetzt gnadenlos durchziehen, mir bleibt keine andere Wahl.
Jesus Christus (ist das neue ‚Gott sei Dank!‘) ist das Getümmel vorne am Altar so groß, dass sich sämtliche Anhänger nur auf die junggebliebenen Männer konzentrierte. Die Blicke alle starr auf den Frontmann, den großen Sprecher, gerichtet. Dieses an den Lippen hängen kann man an diesem Abend ganz besonders beobachten: Alles wird förmlich aufgesaugt, vom ersten bis zum letzten Wort. Es wird mitgebrüllt, der Innenraum verwandelt sich in einen waschechten Flipperautomaten: Kein Stillstand, zuckende Gliedmaßen, von links nach rechts und von oben nach unten. Die Masse brodelt unaufhörlich und die Temperatur steigt bis zum Anschlag. Atmen? Fast unmöglich.
Die Scheibe beschlagen, alles verschwommen und irgendwie unwirklich.
Ich ertappe mich dabei, wie auch ich die Augen langsam nicht mehr vom Altar lassen kann. Ob es mich ebenfalls langsam erwischt? ‚Am Ende geht es immer nur um’s Geld!‚, sagte man mir in der vorangegangen Undercoverschulung. Da klang es für mich noch logisch und jetzt? Zweifel steigen auf. Selbst bei der Aussage ‚Sie kommen in Scharen und vergiften den Verstand‚ kann ich längst nicht mehr unterschreiben. Oder wird gerade mein Verstand angegriffen, ohne dass ich es mitbekomme? Was passiert hier mit mir?
Die Hitze steigt zu Kopf. Man fängt an zu taumeln, immer weiter in die tobende Menge und ohne den Blick vom Altar zu lösen. Die anderen schauen mich nicht mehr durchbohrend an, nein, ich bin einer von ihnen geworden und es ist mir egal, denn mir geht es wunderbar. Wann habe ich mich zuletzt so frei gefühlt? So weit weg und doch so nah? Wann habe ich mir zuletzt alles von der Seele geschrien?
Herzlichen Glückwunsch, ich befinde mich nun selbst im Flipperautomaten. Losgelöst. Erschöpft, aber dennoch mit erstaunlich viel Energie. All die Sätze, die zu uns nach unten getragen werden, sprechen uns aus der Seele und wir würden diese wohl jeder Zeit mit unserem Blut unterschreiben- oder zumindest auf die Oberschenkel tätowieren. Selbst Splitter von Granaten könnten uns jetzt, in diesem Zustand, nicht bedrohlich werden. Es ist, als ob wir als Masse wachsen und immer größer und stärker werden. Ähnlich wie Hulk. Unaufhaltsam.
Dieser Abend ist eine wahre Wohltat, uns allen klingeln die Ohren und Herzen. Wir haben Adam Angst unsere Seelen verschrieben. Was der Teufel sagt? Nun, das kann uns doch ziemlich egal sein, denn am Ende zählt schließlich nur:
WOCHENENDE. SAUFEN. GEIL.
Nicht wahr?
Nun, was ich euch mit dieser Geschichte eigentlich sagen wollte? Ganz einfach, kurz und schmerzlos und für die ‚Ich kann nicht zwischen den Zeilen‘ Leser:
Adam Angst. Eine Band auf der Überholspur und mir würde selbst nach sehr langem Überlegen keine andere Band einfallen, die dort zur Zeit mithalten könnte. Ernsthaft. Die Jungs erschienen einfach plötzlich auf der Bildfläche und es macht keinen Anschein, dass sie davon bald wieder verschwunden sein werden. Nein, ich glaube, dass sie uns in der Zukunft mit weiteren Alben beglücken werden und uns weiterhin ihre Meinung unverdaut vor die Füße kotzen. Meinen Segen haben sie!
Ich habe jetzt aber auch genug gequatscht, ne? Tut euch einen Gefallen: Geht zu den Shows, deckt euch mit Merch ein und lasst euch von dieser neuartigen Sekte beflügeln! Zack, zack!
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