Tigeryouth. Ein Typ, der ständig auf Achse zu sein scheint und mit seiner Band East bereits viele begeistern konnte und einige Konzerte in den letzten Monaten bestritt. Aber was soll ich sagen? Ich bin gerade mehr als froh darüber, dass 2019 endlich mal wieder ein Tigeryouth Jahr bevorsteht, denn viel zu lange ließ er uns zappeln- ob Konzerttechnisch oder in Richtung neue Platte. Aufatmen ist jetzt aber angesagt, liebe Freunde, denn mit diesen beiden Dingen kehrt er zu uns zurück und schlägt direkt ein wie eine Bombe! Die frohe Botschaft: Bereits am 29. März erscheint sein neues Album Schmuck (aufgenommen mit Kay Petersen/ Schalltona Studios) über das allseits beliebte Zeitstrafe Label! Grund genug um sich diese 10 Songs zur Brust zu nehmen, findet ihr nicht auch?
‚Ey, aber du hast noch nicht mal mein neues Album gehört! Willst du mein neues Album hören? Soll ich dir das schicken?!‘
Diese zuckersüße Sprachnachricht erreichte mich, als ich mir nur ungefähr eine Stunde zuvor ein Tigeryouth bezogenes Tattoo in Bremen abholte und somit war es ein Tag ganz nach meinem Geschmack!
Positiv fällt direkt auf: Tilman bleibt seiner Linie treu, die wir alle lieben. Kein unnötiger SchnickSchnack, reduziert, unrasiert und voller Stoppeln. Etwas, was an dir haftet, dich verfolgt und nicht mehr loslässt. Etwas, was an alten Wunden kratzt, berührt, das Herz wird fest im Schraubstock eingespannt. Er lässt uns hinter die langsam bröckelnde Fassade schauen, kein Verstecken, kein Schönreden. Wie ein verheddertes Kopfhörerkabel, welches stets zur falschen Zeit entsteht und nach einer schnellen Lösung schreit. Dünnhäutige Nerven flattern unkontrolliert umher, alles steht scheinbar Kopf und man ist bemüht sich erneut aufzurichten, um alles aus einer anderen neuen Perpektive zu sehen. Tigeryouth singt nicht unnötig um den längst abgekühlten Brei herum, nein, er packt den Stier bei den Hörnern. Eine ehrliche Haut, der noch nie ein einziges Blatt (außer es hat irgendwas mit Kippen drehen am Hut) vor den Mund nahm. Inneres wird durch den Fleischwolf gedreht- Erinnerungen, Erlebnisse und Beobachtungen. Es gibt tatsächlich nicht mehr viele Musiker da draussen, die sich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren: nämlich die Eier in der Hose zu haben, um allein mit Gitarre und Stimme all das von sich zu geben, was aufwühlt. Ohne Scham, ohne große und leere Töne zu spucken, einfach auf den Punkt. Wahrscheinlich fühlt es sich deswegen immer so an, als ob Tigeryouth der große Bruder von uns allen ist. Einen, den man gerne um sich hat. Der einen beschützt, aber dennoch den Weg Richtung Wahrheit aufzeigt. Immer da ist, wenn man ihn braucht. Musikalisch wie auch menschlich.
Wie schon erwähnt: auf Schmuck geht es gewohnt zu, ohne, dass die große Langeweile zwischendrin durchbrettert. Highlights gibt es für mich so einige:
Alle Gewässer
Kennt man bereits, hieß aber glaube ich mal Kiel, wenn ich mich recht erinnere. Der Titel schaffte es aber bisher irgendwie noch auf keine Platte- bis jetzt! Tatsächlich einer meiner allerliebsten Songs von ihm. Einer, der es stets schafft, dass sich die Augen mit Flüssigkeit füllen. Schwermütigkeit, die kaum zu ertragen ist, allein schon durch den etwas düsteren und zurückgezogenen Sound, der einen die Sprache verschlägt.
ich stehe hier und warte, dass die wellen mich holen.
Ein Text, bei dem es einen eiskalt den Rücken runterläuft, aber dennoch ein wenig Hoffnung und Licht durchschimmern lässt. Dass es dort draussen einen Grund gibt, sich am Ende des Tages doch nicht den aufbrausenden Wellen hinzugeben. Sich an den Grund zu klammern, damit man die Kraft findet, um sich umzudrehen, zu gehen und nicht zu springen. Ein Zwiespalt, der jeden Tag auf’s Neue aufkeimt.
ich dreh mich um und geh nach hause, weil ich jetzt weiß, dass da jemand ist.
Himmel ohne Wolken
Politisch wird auch wieder bei diesem Album klare Stellung bezogen, was in der heutigen Zeit wichtiger als je zuvor ist, wenn man sich nur mal anschaut, wie sehr das Wort Fremdenhass scheinbar zur Normalität geworden ist und vieles, was darunter fällt, ohne zu zucken hingenommen wird. Blauäugigkeit, wo man nur hinschaut. ‚Ich hab die AfD gewählt, weil ich dachte, dass die sonst niemand wählt.‘ Nur mal einen Satz, den ich vor einigen Wochen hören durfte. Auch die ‚Wir haben von nichts gewusst!‘ Menschen spriessen noch immer wie Fliegenpilze aus dem Boden. In Wirklichkeit eher Menschen, denen es am Arsch vorbeigeht, die Hauptsache ist, sie werden damit nicht konfrontiert und leben weiter ihr ‚unbesorgtes‘ Leben.
In der Kälte
Holy shit, dieser Song, der letzte auf der Platte, hatte mich beim allerersten Hördurchgang eiskalt erwischt. Warum? Weil es so vertraut ist. Auf der traurigsten Art und Weise. Wer von uns geht schon gerne zu Beerdigungen? Niemand, habe ich recht? Denn es schmeckt alles nach Abschied. Diesen Schmerz zu verarbeiten. Verarbeiten, dass man einen geliebten Menschen nie wieder in die Arme schließen kann, diese Endgültigkeit. Diesen Wunsch in sich zu tragen, noch eine letzte Möglichkeit zu bekommen, dieser Person gegenüber zu stehen. Ein letztes Gespräch, ein letztes Lächeln. All das zerplatzt aber gnadenlos, wenn man am Grab steht. Zusammen mit Menschen, die man ewig nicht mehr gesehen hat. Alles rauscht an einen vorbei, gemischte Gefühle ertränkt in tiefster Traurigkeit.
dass das von anfang an dein plan war: so kriegst du uns nochmal alle zusammen.
Tag oder Nacht
Über das Verbarrikadieren in den eigenen vier Wänden. Von nichts wissen wollen, Vorhänge stets zugezogen und nicht mal mehr wissen, wie spät es ist, in den Tag hineinleben, sich im Kopf eigene Geschichten zusammenspinnen. Sich beschäftigen, wie auch immer das aussehen mag. Musikalisch gibt es mehr auf die Fresse, eingängig und bleibt auch noch viele Tage im Hinterstübchen hängen, versprochen! Beweis gefällig? Gerne! Bühne frei für Unterwäschemodel Tigeryouth:
Was soll ich noch groß schreiben? Das komplette Album ist aus meiner Sicht ein Highlight für sich. Es wird aufgedeckt, nichts wird unter den Teppich gekehrt. Gnadenlos bis zur letzten Minute. Ein Album, welches mich direkt beim allerersten Durchgang überzeugen konnte und definitiv ein Wegbegleiter über viele Jahre werden wird. Unverschnörkelt, zeitlos, Tigeryouth. Schön, dass er wieder da ist! Und ihr wisst natürlich, was jetzt folgt: der allseits beliebte ‚Bitte geht rüber zum Grand Hotel van Cleef Shop und bestellt euch diese wunderbare Scheibe vor!‘ Ich habe das auf jeden Fall schon getan und warte nun hibbelig darauf, diese beim Büro abholen zu können.
Schmuck vorbestellen: Hier!
Ausserdem gibt es schon einige Tourdaten. Die erste Zeit ist er mit Lygo unterwegs und wird bestimmt schon den einen oder anderen neuen Song vorstellen, danach gibt es direkt die Solotour zusammen mit Orion and the First Day Of Aries! Das wird schönschönschön!
+++Tigeryouth unterwegs+++
Tickets Lygo: Hier!
Tickets Solotour: Hier!
23.3. Koblenz, Circus Maximus*
24.3. Tübingen, Epplehaus*
25.3. Zürich, Dynamo*
26.3. Karlsruhe, Alte Hackerei*
27.3. Düsseldorf, The TUBE*
28.3. Marburg, KFZ*
29.3. Osnabrück, Bastard Club (Record Release Konzert mit Leif Marcussen)
30.3. Kiel, Schaubude*
03.4. Trier, Kulturverein villaWuller e.V.#
04.4. Köln, Stereo Wonderland#
05.4. Dortmund, Hafenschänke Subrosa#
06.4. Hamburg, Molotow#
07.4. Berlin, Monarch#
24.08. Cuxhaven, Melancholie Maritim Festival (mit Matze Rossi, Herr Lehmann, Joe Astray und keinHeld)
*mit Lygo