Hier geht es gefühlt gerade Schlag auf Schlag, der Blog kommt nach einem viel zu langen Winterschlaf langsam wieder ins Rollen und das fühlt sich so gut an! Nachdem ich euch in den letzten drei Artikeln Beispiele gezeigt habe, wie man Restaurants, Clubs, Bands, Labels & co. easy unter die Arme greifen kann, geht es nun um ein ganz anderes Thema- nämlich um das 2016 veröffentlichte Buch von Nathan Gray: UNTIL THE DARKNESS TAKES US. Aber damit noch lange nicht genug, denn hierbei handelt es sich um einen wundervollen Gastbeitrag von der lieben Julia, welche sich intensiv mit dem Geschriebenen auseinandergesetzt hat, dabei viele Parallelen zu sich selbst gefunden und mehr als treffend formuliert hat! Was kann es auch bitte Schöneres geben, als ein Buch in den Händen zu halten, ab und an aufzublicken und zu sagen: So geht’s mir auch! Ein You’re not alone Feeling, welches langsam aber sicher den gesamten Körper mit einer wohligen Wärme umgibt und einen nicht mehr loslässt. Ich hoffe, dass es euch genauso viel Spaß bereitet diese Zeilen zu lesen, wie es bei mir der Fall war! Julia, hab vielen vielen Dank! Das ist so schön geworden! (Nur noch fix am Rande erwähnt: Am Donnerstag wird Nathan eine Akustikshow für uns alle spielen- aus seinem Haus rein in unsere Wohnzimmer. Stream per Facebook & Instagram möglich. Mehr Details: Klick! Ausserdem gerne weiterhin unterstützen und zum Beispiel im End Hits Records Shop zuschlagen: Klick!)
Lesen ist ja ohnehin schon eine wunderbare Beschäftigung – nicht nur in diesen Zeiten, in denen die Biermarke Corona einen Ruhm erfährt, der ihr allein aufgrund des Geschmacks nun wirklich nicht zusteht. Desperados wäre ähnlich schlimm… Aber ich schweife ab. Also zurück zum eigentlichen Thema.
Dem geneigten Stayclosetoyoursoul-Leser ist Nathan Gray ja ein Begriff, nehme ich an… Deshalb widme ich mich hier dem ersten Buch von ihm: UNTIL THE DARKNESS TAKES US. Erschienen Ende 2016, damals war das Nathan Gray Collective aktuell. Wie sollte es bei einer Biografie anders sein, geht es um Nathans Geschichte. Musikalisch gesehen geht’s also um Boysetsfire, The Casting Out und I Am Heresy. Seine Entwicklung zu dem Künstler, der er jetzt ist. Um die Projekte auf dem Weg zum Jetzt. Zum Teil Ausbruch, zum Teil Heilung, Katharsis.
Eine große Rolle spielt auch das Thema Religion, die negativen, schmerzvollen Erfahrungen und seine Abkehr von Religion, von Gott. Die Fragen nach Werten. Mit der Antwort, dass sie für ihn einfach da waren. Dass man keine Ersatzreligion braucht, um zu wissen, was richtig oder falsch ist. Was Werte anbelangt, lässt sich hier auch gut die Verbindung zur Politik ziehen. Nathan Gray schreibt, dass das auch immer eine Rolle für ihn selbst gespielt hat. Das merkt man auch heute: auf den Konzerten, sei es bei Boysetsfire oder bei seinen Solo-Auftritten, oder in den sozialen Medien. Das scheint in der Zeit heute manchmal ein bißchen aus der Mode gefallen.
Aber wenn man sich anschaut, wer sich politisch äußert, eine klare Haltung hat, sich positioniert und das eben auch immer und immer wieder tut, dann ist das was, was eben doch noch da ist. Und heute vielleicht wichtiger denn je. Wichtig war es immer, aber wenn wir jetzt der anderen Seite das Feld überlassen, dann haben die schon gewonnen. Wenn wir gewisse Werte – Menschlichkeit, Mitgefühl, Gemeinschaft – in unserem Leben haben, diese auch verteidigen und sie leben, dann kannst du politisch gesehen eigentlich gar kein so großes Arschloch sein.
Auch auf die Hinwendung zum Satanismus, zur Church of Satan, geht er ein. Verbunden mit der Erkenntnis, dass es darum geht, glücklich zu sein, produktiv zu sein und den Mitmenschen so wenig Schaden wie möglich zuzufügen. Das Leben ist eben endlich und man hat es selbst in der Hand.
MY GOD IS ME.
Das Leben ist zu schade, um es zu verschwenden.
My personal understanding of Satanism encourages the invidual Satanist to be the very best versionof themselves. It encourages us to learn. Learn a trade. Learn something fun. To grow. To go into the
world and make our own successes. Be self-empowered. To recognize that life itself is finite, and to
strive for three things: to be happy, to be productive, and to do as little harm as possible to others.
Wichtiger als all die einzelnen Themen hat das Buch als Ganzes Eindruck bei mir hinterlassen. Das, was er mit Worten sagt, aber auch das, was sich zwischen den Zeilen lesen lässt. Nathan Gray legt jedem, der es lesen will, seine Gefühle dar. Mit einer Wucht, die man bei ihm erwarten kann, wenn man seine Musik kennt, wenn man Boysetsfire, The Casting Out und I Am Heresy kennt. An manchen Stellen schwer zu lesen. Nicht aufgrund der Worte, sondern weil man schlucken muss angesichts der dunklen Momente, dunklen Tage, dunklen Jahre, die er durchgestanden hat. Für die er Worte findet, die so treffend sind, dass man sich hineinversetzen kann, in ihn, in die Situation. Ohne dabei zu übertreiben, was jemandem, der so offen ist, ja gerne mal zum Vorwurf gemacht wird.
Weil es zu anstrengend, zu viel, zu was auch immer für den Leser sein könnte. Weil es sich nicht schickt Gefühle auszusprechen. Dinge beim Namen zu nennen, direkt zu sein, wenn es um das eigene Empfinden geht. Das kann nicht jeder, muss auch nicht jeder. Für Männer ist das nochmal eine andere Nummer. Da wird Emotionalität, Verletzlichkeit, Offenheit noch schneller mit Weinerlichkeit und Schwäche abgetan, als es bei Frauen der Fall ist. Aber jemand, der es rauslassen will, der muss es rauslassen können. Da sind wir ja hoffentlich dann doch angelangt. Und wen es nicht interessiert, bitte weitergehen oder im Fall eines Buches: nicht lesen!
Es geht hier eben auch um Emotionen, nicht um ein reines Aufzählen und Aneinanderreihen von Ereignissen. Sondern um Gedankengänge, Gefühle, die uns als Menschen verbinden. Egal wie verschieden die Geschichten sind. Ich war nie ein großer Fan von Ratgebern, die dir allgemeingültig erklären wollen, was du in welcher Situation bitte am besten tun sollst. Oder Bücher, die überquellen voller Lebensweisheiten. Wobei ich dem Buch des Dalai Lamas im Regal vielleicht mit 35 dann doch mal eine Chance geben könnte…

Aber zurück zum eigentlichen Thema. Nathan Gray schafft es uns allen Dinge mit auf den Weg zu geben, die einen persönlich weiterbringen. Nicht weil es jetzt so absolut neu wäre und man das noch nie gelesen oder gehört hat, sondern weil es einfache Dinge sind, keine philosophischen Weisheiten oder Allgemeinsätze. Dazu kommt, dass man es ihm einfach abnimmt. Wobei „abnehmen“ nicht so ganz passend ist, weil es irgendwie so klingt, als könnte es auch vorgeschoben sein. Einem Politiker nehme ich Dinge möglicherweise ab. Vielleicht besser: man nimmt es so wie es ist. Es sind gerade nicht irgendwelche Selbstwertratschläge oder -übungen, die man in Therapiestunden, Ratgeber, Zeitschriften lesen kann, gerade weil das Thema Achtsamkeit auf einmal in aller Munde ist.
Aber hier sind es Gedanken, die ich zum Teil einfach wiedererkenne. Gedanken, die auch ich mein Leben lang mit mir rumgetragen habe, die ich schön weiter gefüttert und eben nicht schon früher zum Teufel geschickt habe – weil sie mir da gar nicht als das Problem bewusst waren –, die haben andere auch. Natürlich mit anderen Voraussetzungen, mit anderen Erfahrungen. Aber einfach mit menschlichen Empfindungen, die dann doch denselben Vorgang im Gehirn auslösen. Und die wahrscheinlich jeder kennt, auch wenn er sie sich vielleicht nicht eingestehen will. Who knows.
Was vielleicht das wichtigste an der Geschichte von Nathan Gray ist: man kann da raus. Man nimmt die Erfahrungen mit, keine Frage. Aber sie machen uns zu dem Menschen, der wir sind. Ändern können wir sie sowieso nicht, aber akzeptieren, damit arbeiten, es annehmen und am Ende sagen:
No way in hell I break.
Womit wir dann bei Titel Nr. 10 des aktuellen Albums wären.
Aber zurück zum Buch:
Das Muster dahinter zu erkennen, der erste Schritt. Das dann nicht weiter im Kopf zu spinnen, sondern sich dagegen zu stellen und dem einen Riegel vorzuschieben, das ist dann nicht nur der zweite Schritt, sondern der dritte, vierte, fünfte. Hört höchstwahrscheinlich niemals auf, aber man kriegt das in den Griff, kommt ihm irgendwie bei. Weil man es besser weiß.
Du baust dir dieses Konstrukt in deinem Kopf – unbewusst – jahrelang auf. Verfestigst es durch äußere Umstände, die da sind und die dich prägen. Aber: du kannst es einreißen. Es umbauen, es für dich nutzen. Du lernst aus den eigenen Erfahrungen. Und: aus denen anderer. Und die Vergangenheit steht dir dann nicht länger im Weg.
Gods are not born by hiding, repressing, and shamefully denying themselves. (…) Why are weconstantly looking for reasons to be ashamed of who we are? Why have we become so fucking afraid of ourselves? STAND THE FUCK UP!
Nathan Gray weiß was er will, hat seine Sicht auf die Welt hinterfragt, verändert. Lässt sich nichts mehr vorschreiben. Macht das, was er will und was ihm gut tut. Sagt Sachen, wo es nicht darum geht, ob sie anderen gefallen. Denn wenn wir uns nicht selbst gerecht werden, werden wir es erst recht keinem anderen.
In the deepest shadows, I found that no one else would love me like, I would, no one else shoulddefend me like I should, an no one else could save me like I could.
Eins ist klar, da kann man sich eine Scheibe von abschneiden.
Your past isn’t going anywhere, but your future may. Become who you are, and stop living by what you are not.
So, dann fange ich mal mit dem neuen Buch Light & Love an…
2 Gedanken zu “Nathan Gray- Until The Darkness Takes Us.”
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