Holy shit. Wie oft passiert es euch, dass ihr bei einem einzelnen Song ungeahnt auf PLAY drückt und sich mit den ersten Sekunden ein breites Grinsen und reinster Seelenfrieden einstellt? Gar nicht mal so oft, stimmt’s? Aber lasst euch gesagt sein: genau so ergeht es mir mit Say Anything von Nathan Gray und Frank Turner, veröffentlicht via End Hits Records.
Die zweite Welle schlägt immer höher, steigende Infektionszahlen halten im Atem, jedes Bundesland geht seinen eigenen Weg und irgendwie sieht niemand mehr richtig durch, manche Regeln werden aufgestellt, um sie Stunden oder Tage später erneut komplett kippen zu lassen. Kurz gesagt: die Psyche wird auf eine unfassbar harte Probe gestellt. Denn da ist dieser ständige Taumel zwischen dem Wunsch von mehr Normalität, einem dringend benötigten Aufatmen und auf der anderen Seite diese düsteren Zukunftsaussichten, die einen den letzten Nerv rauben.
Aber wisst ihr was? Wir haben da eine sehr positiv aufdringliche Konstante, die sich hartnäckig an uns festkrallt und uns gerade in dieser unbeständigen Zeit so vieles gibt: die Rede ist natürlich von der Musik. Auch wenn wir leider noch immer unfassbar weit weg sind unsere LieblingsmusikerInnen und Bands bald wieder so richtig und hautnah auf einer Bühne zu erleben, werden diese nicht müde und veröffentlichen Alben, um uns und ihnen selbst zumindest ein kleines Stückchen Normalität zu ermöglichen. Leider ohne eine darauffolgende Tour, aber wie schön es einfach ist neue Songs hören zu können, die uns somit für einen längeren Moment aus dem Alltag manövrieren und all den Scheiß, der uns gerade runterzieht, in den Hintergrund zu rücken.
Nicht nur Alben fliegen uns regelmäßig um die Ohren, auch einzelne Lieder werden veröffentlicht und geben uns das längst vergessene warme Gefühl in der Herzgegend zurück, darunter fällt eindeutig Say Anything von Nathan und Frank!
Der eine oder andere könnte mir an dieser Stelle vielleicht Voreingenommenheit vorwerfen (Hallo Christian, haha!), aber wenn ich etwas gut finde, dann halte ich damit nicht hinter’m Berg und wenn es eben vieles von Herrn Gray ist, dann auch eher, weil es einfach gut ist. Punkt. Selbst wenn es mir nicht gefallen würde, hätte ich auch das geäußert, keine Sorge! Am Ende ist es eben wie immer das persönliche Geschmacksempfinden, welches gerade beim Thema Musik nicht verschiedener ausfallen könnte und oft stark auseinanderdriftet.
Say Anything. Ein Song, der mit seinen kurzweiligen 2.25 Minuten Spielzeit direkt eines auslöst: Suchtgefahr. Glaubt ihr nicht? Als ich am Donnerstag zum allerersten mal reinhörte, saß ich danach noch 3 (!!!) Stunden am Rechner und Say Anything lief ungelogen in Dauerschleife. Ich kann gar nicht so richtig in Worte fassen, was mich direkt so daran fesselte, dass ich gar nicht mehr auf STOP drücken konnte und wollte. Vielleicht war es die Mischung aus Glückseeligkeit und absoluter Ohrwurmtauglichkeit, die mich so bannte. Oder dieser langsame Anstieg bishin zur leichten Explosion gegen Ende, wo sich dann alles regelrecht überschneidet, aber weder nervig noch überladen wirkt?
Do you need to breathe my tired heart / Do you need some time before you start / ‚Cause I’ve been noticing what you ignore/ Like it’s not knock knock knocking at your front door / Over and over we hit this wall say anything please say anything at all / Over and over we rise and fall say anything please say anything at all / With a change of pace or change of mind / Are you too scared of what you’ll find / There’s a great big world out there for you to see / Where you can speak and set it free / Let it all go keep on moving…
Say Anything. Ein anfängliches Hinterfragen, ein Moment der Ruhe, um sich innerlich neu zu sortieren. Durchatmen, einen Anfang finden und gegen den drohenden Stillstand ankämpfen. Sich für die richtigen Dinge einsetzen, all das, was immer wieder versucht wurde in den Hintergrund zu verfrachten und einstauben zu lassen, endlich in Angriff zu nehmen und dafür zu 100% einstehen. Sich klar machen, dass es auch weiterhin Rückfälle, aufgeschlagene Knie, Narben und Blessuren geben wird. Aus gemachten Fehlern lernen, weiterbilden und umdenken, sich dabei aber selber treu bleiben. Das Herz sprechen lassen, sich nicht mehr hinter leere Phrasen verstecken. Vergangenes ruhen lassen, nach vorne blicken und all das mitnehmen, was sich in den Weg stellt. Die Scheuklappen abmontieren und mit wachen Augen durch die Weltgeschichte laufen. Eingreifen, den Mund aufmachen, die Angst hinten anstellen. Ballast abschütteln und befreiter ein Schritt nach den nächsten setzen. An gesetzten Zielen mit aller Macht festhalten und nicht beirren lassen. Sich auch den unbequemen Dingen im Leben stellen, Gegenwind erhalten und daran wachsen. Ändere die Richtung, aber gib niemals auf.
Say Anything. Ein Song, den man aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten kann und somit tatsächlich viele Interpretationsmöglichkeiten liefert. Ein Song, der einen nach einer schwierigen Zeit auf die Couch verfrachtet, in eine warme Decke hüllt und eine Tasse heiße Schokolade reicht, alles fühlt sich so unfassbar vertraut und heimisch an und das möchte man natürlich am liebsten so lang es geht beibehalten. Somit hat sich meine anfängliche Frage von selbst erledigt, denn mal ehrlich: wenn nur ein einzelner Song solch ein wunderbares Gefühl in mir auslösen kann, warum sollte ich dann bitte freiwillig auf STOP drücken? Eben!
Say Anything. Wer bisher noch nicht reingehört haben sollte, der holt das bitte schleunigst nach oder klickt bei dem Video dort unten auf PLAY, ja?! Ansonsten könnt ihr Nathan Gray weiterhin unter die Arme greifen: ob ganz simpel via Paypal, im Shop (Weihnachten steht vor der Tür!) oder wie wäre es mit Bandcamp? Dort gibt es bei einer bestimmten Summe im Monat kleine und größere Goodies, schaut euch das alles mal an: Hier! Ansonsten freuen wir uns auf weitere Zusammenarbeiten und sind gespannt, welche MusikerInnen er sich neben Frank Turner noch ins Boot geholt hat! Und ich hoffe sehr, dass es all die Songs irgendwann mal gesammelt auf Vinyl schaffen!